Neue Strukturen für die Frühstücks-Stulle

AWO Fachtag zu Grenzen und Möglichkeiten der Inklusion

Neue Strukturen für die Frühstücks-Stulle

Mappe mit Info-Material zum Fachtag Grenzerfahrung Inklusion - Wie inklusiv kann, soll oder muss soziale Arbeit sein? . 15.02.2024
Fachtag - Grenzerfahrung Inklusion 2024

AWO Fachtag zu Grenzen und Möglichkeiten der Inklusion

Es ist eine Kunst, wenn es gelingt, schwere Kost leicht und anschaulich zu präsentieren. Am gestrigen Donnerstag gelang dies Michael Komorek, Prorektor an der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) im Potsdam Museum am Alten Markt. „Inklusion beginnt im Kopf“, sagte Komorek vor mehr als 100 Teilnehmer*innen des Fachtages „Grenzerfahrung Inklusion – Wie inklusiv kann, soll oder muss soziale Arbeit sein?“ des AWO Bezirksverbandes Potsdam e.V.. Unter den Gästen waren viele Mitarbeitende, Mitglieder und Klient*innen der AWO Einrichtungen sowie Gäste von außerhalb.

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Eine besondere Rolle im Vortrag von Komorek nahm dabei die klassische Frühstücksstulle ein. Sollte man das Frühstück als Mitarbeiter*in in einer Einrichtung übernehmen, um es dem Klienten leichter zu machen? Wäre es nicht besser, ihn zu befähigen, es selbst zu tun? „Ich hätte die Frühstücks-Stulle auch zubereitet und ihm angereicht“, räumte Angela Schweers, Vorstandsvorsitzende der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt, augenzwinkernd ein, die gemeinsam mit André Saborowski den Fachtag eröffnet hatte. Inklusion ist eben nicht, dass Menschen mit Behinderung ihr Leben an vorhandene Strukturen, an das System anpassen müssen. Vielmehr ist die Gesellschaft aufgerufen, Strukturen zu schaffen, die es jedem Menschen ermöglichen, teilzuhaben. „Wir haben viele Einrichtungen und durch Aktion Mensch geförderte Projekte zur Inklusion. Wir wollen wissen, wo es Grenzen der Inklusion gibt und wie wir diese überwinden und besser werden können“, sagte Schweers. „Inklusion – Ja, aber richtig!“ ist auch eine von neun Forderungen unseres Programms „1 plus 9“ für eine sozial gerechte Gesellschaft.

Inklusion sei auch Partizipation, Teilhabe, Mitbestimmung, Gestalten, teilhaben lassen, sagte Komorek. Und diese Partizipation habe verschiedene Stufen, es gehe darum, die nächst höhere Stufe zu erreichen. Bei Inklusion müssten die Rahmenbedingungen verändert werden und nicht der einzelne Mensch sich anpassen. Allerdings bedeute es einen hohen Aufwand ,,etwas anders zu machen, das System zu verändern". Das mache Inklusion so schwer. „Inklusion beginnt im Kopf“, betonte der Professor für Inklusion und inklusive Organisationsentwicklung an der EHB.

Das bezieht sich ausdrücklich auch auf die soziale Arbeit. Wie kann sich soziale Arbeit vom Fürsorgeprinzip zum Assistenzprinzip entwickeln? „Ich rede mit Klienten, ich betreue sie nicht“. Er forderte dazu auf, mehr zu reflektieren. „Sie haben als Fachkraft einen enormen Einfluss auf die Menschen“, so Komorek.

Am Nachmittag folgten mehrere Austauschforen, in denen die Teilnehmer*innen des Fachtages Grenzen der Inklusion aufzeigen sollten. Die sehr lebhaften Diskussionen in Kleingruppen drehten sich um Altersdiskriminierung durch Digitalisierung, das Tragen eines Kopftuches in der Schule und das Dilemma mit der Vereinbarkeit von Vorschriften und personenenzentrierter Betreuung. Weitere Austauschforen sollten beleuchten, wie man damit umgeht, wie Menschen mit Behinderung soziale Grenzen überschreiten, der Teilhabe und dem Lernen in schulischer Gemeinschaft. Anschließend wurden in sogenannten Worldcafés Lösungsansätze gesammelt.

Ein interessanter Tag im Potsdam Museum am Alten Markt, der zum Nachdenken über seine eigene Rolle und sein Verhalten im Umgang mit Menschen mit Behinderung anregte. Der Verlauf der von Nicola Klusemann moderierten Veranstaltung und die Diskussionen in den Austauschforen wird in den kommenden Wochen in Form einer Audio-Dokumentation veröffentlicht.

 
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