Zwischen Bienenstöcken und Skaterbahn waren am gestrigen Dienstag Stühle und Bänke in zwei Kreisen aufgestellt. In Vorbereitung auf die bevorstehende Landtagswahl in Brandenburg am 22. September veranstaltet der AWO Bezirksverband Potsdam e.V. „Fachgespräche im Fischglas“. Den Auftakt zu insgesamt neun Gesprächsrunden im „Fishbowl“ mit Fachleuten und Vertreter*innen aus der Politik machte gestern das AWO Mehrgenerationenhaus Brück zum Thema „Den ländlichen Raum stärken“.
Diese ist eine von neun Forderungen für unser eines Ziel einer sozial gerechten Gesellschaft. Das Programm heißt deshalb auch AWO 1plus9. Als Einführung in die Thematik „Ländlicher Raum“ gab Antje Warwas, Leiterin der AWO Einrichtung in Brück, die Knotenpunkte, an denen sich die Diskussion entspinnen sollte, vor. So verwies sie darauf, dass nach der aktuellen Haushaltplanung des Landes die Finanzierung für Familienzentren im kommenden Jahr ausliefe. „Wir fordern Planungssicherheit und eine auskömmliche Finanzierung“, sagte Antje Warwas. Die Förderrichtlinie für das Landesprogramm Familienzentren laufe zum Ende des Jahres aus. Dies sorgt für viel Unsicherheit bei den Einrichtungen und Projekten, welche aus dem Programm aufgebaut wurden. Einrichtungen wie ihre seien Teil der Sozialplanung der jeweiligen Kommune. „Im Gegensatz zu uns, die wir eine große Anerkennung durch die Stadt Brück erfahren, wissen manche Gemeinden nicht mal, dass es ein Familienzentrum gibt.“ Dabei sei neben ärztlicher Versorgung und guter Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr, eine soziale Infrastruktur in Form von Begegnungsstätten und Beratungsangeboten unverzichtbar für die Stärkung des ländlichen Raums. Christina Merkel, Auszubildende als Busfahrerin bei Regio-Bus, forderte in diesem Zusammenhang, dass der ÖPNV an die Bedürfnisse der Menschen angepasst werden müsse, damit Ausbildungsbetriebe, Jugendclubs, Freizeitstätten etc. überhaupt erreichbar sind.
Der dritte und meist diskutierte Punkt war der Bürokratie-Dschungel. Seit Jahren werde vor Wahlen versprochen, Verwaltungsvorgänge zu vereinfachen, erklärte Angela Schweers, Vorstandsvorsitzende der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt. Stattdessen werde alles komplizierter und aufwendiger, was nicht zuletzt zur Überlastung der Behördenmitarbeitenden führe. „Der Bürokratie-Abbau muss dringend angegangen werden, bevor alles zum Erliegen kommt“, forderte die AWO-Chefin und zitierte dabei das Parkinson-Gesetz.
Auch Claudia Wipfli von der Linkspartei, Carina Simmes (Freie Wähler) und Udo Wernitz (SPD) konnten Beispiele aus ihrem privaten Umfeld oder beruflichen Kontext nennen, in denen hoher und wenig nachvollziehbarer bürokratischer Aufwand betrieben werden musste. Eine Sensibilität für das Thema ist da, Lösungen indes ließen sich in 90 Minuten „Fischglas“ nicht finden.
Heute ist Tag 2 „Fachgespräch im Fischglas“ beim AWO Ortsverein Nauen zur AWO 1plus9 Forderung: „Armut überwinden“.