Das AWO Familienhaus für wohnungslose Familien richtet sich an Familien mit Kindern, die wohnungslos geworden sind. Auch hier sind alle Plätze ständig belegt. Vor allem für Kinder ist Wohnungslosigkeit eine lebenslang prägende Erfahrung, die es unbedingt zu vermeiden gilt.
Hinzu kommen betreute Wohnprojekte, die über die Eingliederungshilfe finanziert werden. Was fehlt, ist die nötige Flexibilität. Die Eingliederungshilfe müsste niedrigschwelliger sein. Derzeit können nur jene sie beantragen, die eine gute Aussicht haben, wieder ein eigenständiges Leben aufbauen zu können. Ausschlussgründe sind beispielsweise Drogenkonsum, Medikamente, Doppeldiagnosen und mehr. Um die Lücke zu füllen, hat die Potsdamer Arbeiterwohlfahrt auch das Angebot „Wohnen im Kiez“ geschaffen oder die Ambulante Wohnhilfe. Die Plätze stehen in erster Linie erwachsenen Potsdamer Bürger*innen zur Verfügung, die von einer seelischen Behinderung betroffen sind und an einem überdurchschnittlichen Maß psychotischer Basisstörungen, an einer Persönlichkeitsstörung oder an einer Kombination mehrerer psychischer Erkrankungen leiden. Hier wäre noch viel zu tun.
Ein Recht auf Wohnen
Immer wieder verlieren Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen ihre eigenen vier Wände, ihren sicheren Rückzugsort, ihr Zuhause. Jedes Jahr finden bundesweit zehntausende Zwangsräumungen statt. Ganze Familien werden auf die Straße gesetzt, ohne dass eine geeignete Ersatzwohnung durch die Kommune zur Verfügung gestellt wird - mit entsprechenden Folgen. Solche Erlebnisse sind für die Betroffenen und besonders für die Kinder eine existenzielle, traumatische Krise. Selbst wenn es ihnen gelingt, nach einer gewissen Zeit wieder Fuß zu fassen und mit Hilfe von anderen eine neue Wohnung zu finden, dauert es lange, bis diese Erfahrung verarbeitet ist. Die Wohnungsnotfallhilfe müsste sich daher an den Bedürfnissen der Menschen orientieren und nicht an den Kosten.
Gibt es in Deutschland ein Recht auf Wohnen? Lässt es sich vor Gericht einklagen und durchsetzen? Leider müssen diese Fragen immer noch mit einem NEIN beantwortet werden. Zwar ist das Recht auf Wohnen ein Menschenrecht. Seine Grundlage findet sich im internationalen Recht in Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR), sowie in Artikel 16 der Europäischen Sozialcharta vom 16. Dezember 1966 und dem Artikel 31 der revidierten Europäischen Sozialcharta. Im Grundgesetz (GG) ist zwar der Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung festgeschrieben. Ein ausdrücklicher Bezug aufs Wohnen an sich fehlt jedoch. Aktuell gibt es nur das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes. Demnach hat die Politik einen Regelungs- und Gestaltungsauftrag für ein menschenwürdiges Dasein zu gewährleisten, die sogenannte Daseinsvorsorge. Daraus entstehen immerhin prinzipiell einklagbare Ansprüche wie Zuschüsse für eine angemessene Wohnung, das Wohngeld und andere Wohnungshilfen. Wer sich frühzeitig Hilfe sucht, etwa bei der AWO Schuldnerberatung und der Ambulanten Wohnhilfe, kann den Verlust der eigenen Wohnung verhindern.
Der AWO Bezirksverband Potsdam fordert seit Jahren ein Ende der Wohnungslosigkeit in Deutschland. Sie darf nicht wie aktuell nur verwaltet, sondern muss verhindert werden. In unserem Programm „AWO 1 plus 9 – ein Ziel, neun Forderungen für eine soziale gerechte Gesellschaft“ fordern wir endlich ein Beheimatungskonzept für Obdachlose, die auf dauerhafte Betreuung angewiesen sind. Wir fordern aussagekräftige Statistiken über die tatsächliche Anzahl wohnungsloser Menschen, die Schaffung gut zu erreichender bedarfsgerechter Notunterkünfte, den unkomplizierten Zugang zu guter medizinischer Versorgung und mehr.
Und natürlich für jeden Menschen und jede Familie eine eigene bezahlbare Wohnung.