Wie es dazu kam
Am 23. Februar 2018 sprach Christina Wieda von der Bertelsmann Stiftung zur Bekämpfung von Kinderarmut auf dem Fachtag „Chancengerechtigkeit für alle Kinder in Potsdam“. Ihr Fazit: Um Kinderarmut nachhaltig zu begegnen, braucht es nachhaltige Beziehungsarbeit – und das kostet Geld. Aber am Ende zahlt die
Gesellschaft viel weniger, denn nur über diese Fürsorge, Hingabe und Beziehungsarbeit kann man Kinder und Erwachsene in einem kapitalistischen Gesellschaftssystem mitnehmen, die zurückgelassen werden. Dem können wir nur zustimmen. Diese zwei wichtigen Grundlagen – Beziehungsarbeit und Nachhaltigkeit – sind immer Bestandteil der Spirellibande.
Nur einen Tag später, am Samstag den 24. Februar 2018, wird durch einen Bericht in den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ deutlich, dass die Stadtverwaltung eine pragmatische Lösung für die Thematik „Essen“ bevorzugt, wie sich der Sozialbeigeordnete und SPD-Kandidat für die Nachfolge von Jann Jakobs als Oberbürgermeister von Potsdam, Mike Schubert, zitieren lässt. Eine Formulierung, die bei uns völliges Unverständnis auslöste. Und Noosha Aubel, Bildungsbeigeordnete in Potsdam, erklärte, dass Caterer oder Spirellibande für den Haushalt keinen Unterschied mache. Dieser Satz spricht für sich.
Die Entscheidung, privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen mit der Verpflegung der Schulen zu betrauen, wird begründet mit hygienischen Anforderungen. Seit Jahren hat aber die Spirellibande an den Schulen gut und einvernehmlich mit dem Hygieneamt zusammengearbeitet und immer Lösungen gefunden. Das ist also ein Scheinargument. Die tatsächlichen Gründe der Stadt, die vielfach gelobte Arbeit der Spirellibande zu beenden, bleiben leider im Verborgenen – oder es gibt sie vielleicht gar nicht?
Schon vor Jahrzehnten wurde der Fehler begangen, dass Küchen in Schulen und Kindergärten zurückgebaut wurden, es somit keine einrichtungsangehörigen Köche und Küchenhilfen mehr gab. Ab diesem Zeitpunkt übernahmen Catering-Unternehmen die Versorgung an Kindergärten und Schulen. Fehlt den Eltern aus welchen Gründen auch immer das Geld für das Frühstück, kommen die Kinder hungrig zur Schule, sind unkonzentriert und können dem Unterricht nicht folgen. Wenn eine Familie nicht die Essenspauschale bezahlt, ist das Kind raus und kann nicht mitessen. Eine Spirale nach unten beginnt für schlechte Lebenserfahrungen. Und diese Spirale muss durchbrochen werden.
Seit nunmehr 15 Jahren weist der AWO Bezirksverband Potsdam e.V. immer wieder auf das zentrale Thema Kinderarmut in Potsdam hin und initiierte viele Projekte zur Linderung der Situation. 2007 startete das Projekt Spirellibande. Es sollte keine hungrigen Kinder mehr im Unterricht geben. Begonnen hatte alles an einer Schule, derzeit wird das Projekt an sieben Schulen in der Landeshauptstadt umgesetzt.