Soziale Arbeit - gelebte Demokratie

Artikel vom 17.06.2022

Soziale Arbeit - gelebte Demokratie

Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz: Das sind seit mehr als 100 Jahren die Werte der Arbeiterwohlfahrt, nach denen jedes unserer Mitglieder und die Mitarbeiter*innen in den vielen Einrichtungen und Untergliederungen des Wohlfahrtsverbandes ihr Tun und Handeln ausrichten. Und diese Werte können nicht einzeln für sich betrachtet werden, sie bedingen einander, hängen miteinander zusammen, ergänzen sich. An diesem Samstag (18. Juni bis 25. Juni) startet die bundesweite AWO-Aktionswoche zum wichtigen Thema Demokratieförderung. Darunter verstehen wir das aktive Eintreten für ein demokratisches Miteinander, für Vielfalt und Beteiligung – im Großen wie im Kleinen, von der Kita-Gruppe bis zur politischen bundesweiten Kampagne.

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Die Stärkung der Demokratie und ihrer Institutionen ist fester Bestandteil des Wertekanons der AWO. Wir treten ein für eine vielfältige, offene und demokratische Gesellschaft. Laut einer Erhebung der Körber-Stiftung schwindet aber das Vertrauen in Demokratie und demokratische Institutionen dramatisch. Dabei zeigen doch eigentlich Entwicklungen der vergangenen Jahre wie etwa der Aufstieg von rechtsextremen Parteien, gesellschaftliche Verwerfungen während der Corona-Krise und der Krieg in der Ukraine, wie wichtig es ist, sich aktiv für die Demokratie und eine offene Gesellschaft einzusetzen. Dass die Förderung von Demokratie zunehmend wichtiger wird, lässt sich beispielsweise aus den Wahlbeteiligungen bei Bundes-, Landtags-, oder Kommunalwahlen ablesen. Die Menschen ziehen sich zurück, nehmen ihre demokratischen Rechte und Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungen nicht mehr wahr.

Wir stellen in unserer täglichen Arbeit fest, dass vor allem ärmere Menschen sich aus dem gesellschaftlichen Diskurs verabschieden. Sie fühlen sich nicht mehr vertreten und wenden sich ab. Auch die Bindung an Parteien und andere zivilgesellschaftliche Institutionen nimmt seit Jahren ab. Aber wenn die Menschen sich immer mehr ins Private zurückziehen, wird ihre Stimme auch nicht mehr gehört. Ihre Meinung kommt nicht mehr vor.

Besonders gravierend ist dies im Falle der Wohnungslosigkeit, die übrigens fast jeden treffen kann und aus unserer Sicht systembedingt ist. Ohne festen Wohnsitz ist der Menschen beispielsweise von Wahlen ausgeschlossen, er oder sie erhält keine Wahlbenachrichtigung. Ein selbstbestimmtes Leben, ein Eintreten für die eigenen Überzeugungen, ein demokratisches Streiten und Kompromisse schließen ist fast unmöglich – mit allen gesellschaftlichen Folgen der Ausgrenzung und Diskriminierung. Der AWO Bezirksverband Potsdam e.V. veranstaltet zu diesem Thema am 28. Juni 2022 eine bundesweite Fachtagung in den Räumen der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB), an der auch Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) teilnehmen wird.

Es ist unser Ziel, dieser dramatischen Entwicklung etwas entgegen zu setzen und umzukehren mit Jugendarbeit, Bildung, Kommunikation und politischer Arbeit. So kamen wir kurz vor der Bundestagswahl 2021 mit unserer AWO MACHT Politik Tour zu den Menschen vor Ort, um mit Ihnen und den Wahlkreiskandidat*innen ins Gespräch zu kommen über unsere Themen aus dem Programm „1 plus 9“, neuen Forderungen für eine sozial gerechte Gesellschaft.

Was im Großen nicht mehr funktioniert – die Einbindung aller Menschen in den politischen Willensbildungsprozess - gelingt noch im Kleinen. Auch hier setzen wir an, mit Mehrgenerationenhäusern, Bürgertreffs, den Ortsvereinen der Arbeiterwohlfahrt und weiteren Angeboten.  In den Gemeinden und Kommunen kennt man sich, die Wege sind kurz, die Folgen politischen Handelns schnell und eindeutig sichtbar. Ein gutes Beispiel dafür ist beispielsweise die Einführung von Schulgesundheitsfachkräften an Schulen im Land Brandenburg. Die Landesregierung hatte ein langjähriges Modellprojekt des AWO Bezirksverbandes Potsdam e.V. im vergangenen Jahr auslaufen lassen. Vielen Kommunen war die Tätigkeit ihrer „Schulkrankenschwestern“ aber so wichtig, dass sie direkt vor Ort die Finanzierung übernahmen.

Demokratieförderung ist auch zugleich Soziale Arbeit. Soziale Arbeit ist eine wissenschaftliche Disziplin, die davon ausgeht, dass „ineinandergreifende geschichtliche, sozioökonomische, kulturelle, räumliche, politische und persönliche Faktoren für das Wohlergehen und die Entwicklung des Menschen Chancen bieten aber auch Hindernisse darstellen können“, heißt es in einem 2014 erschienen Kommentar zur Neuen Internationalen Definition Soziale Arbeit des deutschen Berufsverbandes für Soziale Arbeit e.V. (DBSH). Diese strukturellen Hindernisse würden Ungleichheiten, Diskriminierung, Ausbeutung und Unterdrückung verfestigen. Die Motivation von Sozialarbeiter*innen ist es demnach, Ausgrenzung, sozialen Ausschluss und Unterdrückung zu beseitigen.

Sozialarbeiter*innen arbeiten soweit wie möglich mit als für die Menschen und fördern damit das demokratische Verständnis aller. Ohne die Menschen einer Gesellschaft kann Demokratie nicht funktionieren. Sie muss gelebt und jeden Tag aufs Neue verteidigt werden. Dafür steht die Arbeiterwohlfahrt, in ihren Angeboten und Einrichtungen von der Kita über Nachbarschaftszentren und AWO Ortsvereinen bis hin zur Schuldner- und Suchtberatung oder im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus. Das ist schon seit Jahren unser tägliches Streben, nicht nur in der bundesweiten Aktionswoche Demokratieförderung.

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