Genutzt haben wir dafür das moderierte Format „Fishbowl“, bei dem die Teilnehmer*innen jeweils nur zwei Minuten Zeit hatten, um ihre Meinung zu einem Thema zu benennen oder Fragen zu stellen. Eine gute Methode, um in die Diskussion zu kommen.
Diskutieren, zuhören, argumentieren: Das fehlt uns in der öffentlichen und politischen Debatte. Bei vielen unserer Themen wurde deutlich, dass unsere Erfahrungen aus der täglichen Arbeit oft nicht bekannt sind, nicht gesehen werden. So gab es am 30. August überraschte Reaktionen darauf, dass das Subsidiaritätsprinzip in der sozialen Arbeit bereits vor 100 Jahren begründet und seit Jahrzehnten im Sozialgesetzbuch festgeschrieben ist. Es grenzt die Aufgaben und Pflichten des Staates ab. Die freie Wohlfahrtspflege ist Partner der Verwaltung bei der Erfüllung der Aufgaben der Daseinsvorsorge für die Menschen. Geht es um Kitaplätze, Schuldnerberatung, Suchthilfe oder ähnliches, ist es an den Verbänden wie Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, DRK oder dem Paritätischen, die bestmöglichen Lösungen und Angebote zu entwickeln und umzusetzen – und nicht der Staat.
Oder bei den Strukturen – zu kompliziert, zu bürokratisch, zu viele verschiedene Akteure. Oft hakt es im System, wie soziale Arbeit organisiert ist, zum Beispiel bei der Inklusion. Hier gibt es keinen Rahmenvertrag der Eingliederungshilfe im ambulanten Bereich. Die Landkreise haben ihre eigenen, zumeist unterschiedlichen Regelungen. „Die Strukturen stimmen nicht mehr – die inneren und äußeren Strukturen“, sagte die Vorstandsvorsitzende des AWO Bezirksverband Potsdam e.V., Angela Schweers beim Fachgespräch im Fischglas zur „1 plus9“-Forderung „Mehr Qualität für Kitas und Schulen – Jugendeinrichtungen ausbauen“ im AWO Care-Leaver-Zentrum (CALZ). Eine der Ursachen sei die Corona-Pandemie und ihre Folgen, aber auch die sozialen Medien wie Tiktok oder Instagram. Gerade Einrichtungen wie das Careleaver-Projekt „geben Jugendlichen die Struktur, die sie sonst nicht haben“.
Manche Forderungen sind sicherlich mit Kosten verbunden, bringen aber auch mehr Verlässlichkeit ins gesellschaftliche System. Neue Ansätze in der Pflege wie etwa Senioren- und Wohngemeinschaften oder Pflegedörfer, die Unterstützung des ländlichen Raumes durch mehr Begegnungsstätten und Mehrgenerationenhäuser. Die Einführung von Schulgesundheitsfachkräften, damit die Kinder bessere Bildungschancen haben und gesundheitlich unterstützt werden. Oder ein neues Kita-Gesetz, das seit Jahren überfällig ist, das kostenlosen Essen in Kitas und Schulen, den Teilhabemöglichkeiten für alle.