Potsdam ist eine schöne Stadt. Potsdam gilt als wohlhabend und lebenswert. Und doch gibt es in der Landeshauptstadt viele Menschen, die in Armut leben. Unsichtbar, unbeachtet und doch mitten unter uns. Am 21. September wählen die Potsdamer*innen einen neuen Oberbürgermeister und der AWO Bezirksverband Potsdam e.V. diskutiert mit Kanditat*innen in den kommenden Wochen die sozialpolitischen Herausforderungen in den nächsten Jahren. Am gestrigen Donnerstag war Noosha Aubel zu Gast im AWO Spenden- und Tauschladen „Schatztruhe“. Das Thema: „Armut überwinden“, eine von neun Forderungen unserer Programms „1 plus 9 – ein Ziel, neun Forderungen für eine sozial gerechte Gesellschaft“.
Es gehe darum, die unterschiedlichen Perspektiven und Lebensumstände aufzuzeigen, die viele Menschen hier in dieser Stadt hätten, sagte AWO Vorstand André Saborowski zur Begrüßung. Eine kurze Einführung in das Thema gab Vorstandsreferentin Jane Baneth. Durchschnittlich 15 Prozent der Menschen in Potsdam seien laut Armutsbericht armutsbetroffen – in einigen Stadtbezirken liegt diese Zahl deutlich höher, als in anderen. Besonders betroffen seien Alleinerziehende, Erwerbslose, Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen mit Behinderung. „Armut ist nicht eindimensional, Sie betrifft nicht nur den Geldbeutel. Armut beeinflusst die Gesundheit, die Bildungschancen der Kinder, das Wohnumfeld, die soziale Teilhabe“, sagte Baneth. Ein Kind, das in Armut aufwachse, habe schlechtere Bildungschancen, könne nicht an Ausflügen oder Kursen teilnehmen, habe keinen ruhigen Lernort. Und ältere Menschen könnten sich oft nicht mal Bus und Bahn leisten. Arztbesuche, Einkäufe, kulturelle Veranstaltungen seien ein Kraftakt. Die Folge sei Vereinsamung, Isolation und ein Verlust von Lebensqualität.
Helfen würde hier schnell die bereits von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Bildungskarte für Kinder. Die Mitarbeiterin Arbeiterwohlfahrt und Stadtverordnete in Potsdam, Wiebke Bartelt, benannte hier eine digitale Lösung für alle Kinder, auf die dann die Leistungen aus dem Bildungs- Und Teilhabepaket (BuT) eingezahlt werden könnten. Eine schnelle realitätsnahe Maßnahme ohne das übliche „Ping Pong“ zwischen Bund, Land und Kommune, wer für was zuständig sein und etwas machen könne, sagte AWO Vorstand Saborowski. So dauere es aktuell bis zu neun Monate, bis ein BuT-Antrag von der Stadt bewilligt werde. Die Kosten für das Schulessen oder für Ausflüge könnten die Familien aber nicht vorstrecken.