Artikel vom 07.01.2022
Das Ziel vor Augen – gemeinsam neue Wege erkunden
Und wieder ist ein Jahr vergangen. Ein Jahr, in dem wir neue Wege finden mussten im Umgang mit der Pandemie. Es hieß Risiken abschätzen, Alternativen erarbeiten, solidarisch sein und kreativ werden. Kreativ gegen Armut und für gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Diese Herausforderungen haben wir, der AWO Bezirksverband Potsdam e.V., auch in diesem Jahr angenommen. Schritt für Schritt betraten wir Neuland, wanderten auf dem Grat, bergab und bergauf, immer das Ziel vor Augen: Wie gestalten wir diese Gesellschaft gerechter und solidarischer? Was braucht es, damit Wohnen nicht zum Privileg wird, alle Kinder die gleichen Chancen erhalten und Gesundheit und Bildung keine Frage des Geldbeutels sind?
Die 2021 anstehenden Bundestagswahlen haben wir zum Anlass genommen, um Politiker*innen nach ihren besten Reiserouten in eine sozial gerechte Gesellschaft zu fragen. Mit den 1+9 Forderungen für eine sozial gerechte Gesellschaft haben wir unsere Antwort im Gepäck gehabt und die Sommermonate genutzt, um sie in den Fokus zu rücken. Im Rahmen der „AWO MACHT Politik Tour“ waren wir dabei in insgesamt sieben Städten unterwegs, stellten unsere Forderungen auf und zeigten deutlich, wo der Schuh drückt.
Auch zur Podiumsveranstaltung am 30.08.2021 erschienen Direktkandidat*innen vieler Parteien im Potsdamer Thalia Kino (u.a. der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz) und stellten sich den Fragen des Vorstandes, die vorab in unseren Einrichtungen gesammelt wurden. Mit dabei waren auch die jetzigen Bundesministerinnen Annalena Baerbock und Klara Geywitz, beide schon seit Jahren gern gesehene Gäste und Unterstützerinnen des AWO Bezirksverbandes Potsdam.
Unseren Auftrag und das Ziel der AWO verlieren wir dabei nicht aus dem Blick: Die sozialpolitischen Interessen unserer Klient*innen im Netzwerk der Wohlfahrtsverbände zu vertreten. Haltung gezeigt haben wir im Rahmen der Aktionswochen gegen Rassismus, haben Workshops und Diskussionen organisiert und uns kreativ eingebracht.
Nach den Hochwasserereignissen im Ahrtal unterstützten wir Potsdamer Hilfsinitiativen für die Eifel und die AWO Hochwasserhilfe. Wir haben Spenden gesammelt, mit deren Hilfe Kindertagesstätten wiederaufgebaut und Seniorenzentren trockengelegt werden konnten.
Mit sicherem Auftreten haben wir für die Selbstbestimmung von Frauen und die Abschaffung des §218 StGB am „safe abortion day“ demonstriert. Und das mit Erfolg. Die Ampel-Koalition will nun das umstrittene Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche kippen.
Gegen die Kälte und für die Menschenwürde gingen wir auf die Straße, sammelten Decken, warme Kleidung, Schlafsäcke und medizinische Materialien, um nicht tatenlos zuzusehen, wie Menschenrechte an der polnisch-belarussischen Grenze missachtet werden und um den Menschen vor Ort aktiv Unterstützung bieten zu können.
Grenzen erweitern und neue Wege gehen:
Neue Pfade betraten wir auch mit unseren Projekten. Aus dem ESF-geförderten Projekt "Peer-Counseling in der Arbeit mit Langzeitarbeitslosen" wurde ein ständiges Angebot: Menschen beraten Menschen mit gleichen oder ähnlichen Lebenserfahrungen, in diesem Fall mit der Erfahrung der Langzeitarbeitslosigkeit.
Über Landesgrenzen hinweg: Mit der polnischen Wohlfahrtsorganisation KAFOS werden im Projekt „Wissenstransfer in der Sozialen Arbeit“ gefördert von der Aktion Mensch gemeinsam vier Fortbildungsmodule für Beschäftigte in Polen entwickelt. Gegründet werden soll eine Akademie mit Online-Angeboten zu Themen wie Wohnungslosigkeit, psychische, physische und seelische Behinderungen, Arbeit mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen.
Für ihr grenzenloses Engagement verlieh der World University Service (WUS) der AWO Fachschule für Sozialwesen im Herbst die Auszeichnung zur „Grenzenlos Schule“. An der Fachschule wird nachhaltige Bewusstseinsbildung ganz konkret greifbar gemacht. Was einst als Projektidee „Green Day“ begann, wurde an diesem Tag mit der kleinen grünen Plakette gekrönt.
Doch der Weg war in diesem Jahr auch steinig, es gab einige holprige Streckenabschnitte. So beschloss die Brandenburger Landesregierung im Herbst, das richtungsweisende Modellprojekt Schulgesundheitsfachkräfte ohne gesicherte Weiterfinanzierung auslaufen zu lassen. Gegen den Rat der Wissenschaft und gegen das Drängen der Eltern, Lehrkräfte und der Schulen, sowie vieler Interessenverbände und unterstützenden Parteien wie der LINKEN und der „Freie Wähler“.
Gegen diese Entscheidung machten wir mobil. Wir sammelten Unterschriften und wiesen gemeinsam mit Schüler*innen und Unterstützer*innen vor dem Landtag auf die Notwendigkeit der SGFK hin. Und der Protest hatte Erfolg, wenn auch an anderer Stelle: So fanden sich in fast allen Modellregionen gleich mehrere Kommunen, um die Finanzierung der dortigen Schulkrankenschwestern zu übernehmen. Eine tolle solidarische Aktion der beteiligten Kommunen und Landkreise!
Ungewöhnliche kreative Wege:
Wenn Ideen, Veranstaltungen und Projekte aufgrund von Corona-Maßnahmen nicht mehr realisierbar sind, dann gilt es ungewöhnliche Wege zu gehen.
Und so tanzten die Balletttänzer*innen der Tanzakademie Erxleben im Winter den Schneeflöckchentanz vor den Einrichtungen im Freien.
Ein verbandsübergreifender Fachtag zum Thema Kinder- und Jugendarmut konnten wir im Herbst realisieren. Mehrere hochkarätige Expert*innen beschäftigten sich gemeinsam mit den etwa 100 Teilnehmer*innen mit der Frage „Echt jetzt?! Können, wollen und dürfen wir so weitermachen wie bisher?“ Der Termin, ursprünglich geplant als Präsenzveranstaltung, wurde aufgrund der pandemischen Lage in kürzester Zeit zu einem erfolgreichen digitalen Format umgestaltet.
Parallel dazu wurde im Bürgerhaus am Schlaatz die Ausstellung „Was Kinder brauchen“ eröffnet. Kinder stellten hier auf kreative gestalterische Art dar, welche Bedürfnisse sie haben. „Raum für Kreativität, Nähe und natürlich ein Pferd im Keller“, antworteten sie uns. Von der Aktion begeistert war auch der Pferdehof Kohlschmidt. Sie konnten den kleinen Künstler*innen zwar kein Pferd im Keller schenken, ihnen aber dafür einen unvergesslichen Tag auf ihrem Reiterhof ermöglichen.
„AWO Büro KINDER(ar)MUT“ konnte auch in diesem Jahr der kostenfreie Kultursonntag realisiert werden. Egal ob Picknick-Brunch mit Live-Musik, ins Bürgerhaus zum Stadtteilfrühstück, Mal- und Tanzangebote, eine Führung in einem Museum oder vielleicht Puppentheater, ein Kinobesuch, eine Lesung oder eine Theateraufführung? Das Angebot war noch facettenreicher als in den vergangenen Jahren und begeisterte Jung und Alt wieder an diesem Sonntag im September.
Neue kreative Wege gingen wir auch mit der „AWO VON HERZEN Tour“. Ermöglicht durch ehrenamtliche Helfer*innen, Mitarbeiter*innen und AWO Mitglieder brachten in diesem Jahr erstmalig Rentiere und Feen im roten AWO Doppeldecker-Bus und erhielten dabei auch prominente Unterstützung (u.a. von Annalena Baerbock, Klara Geywitz, Marlen Block und Attila Weidemann).
Eine berührende Aktion, die auch den AWO Bundesvorsitzenden Prof. Jens Schubert, der kurz vor Weihnachten in unser Familienhaus gekommen war, sichtlich beeindruckte.
Um das Vorankommen gut schaffen zu können, braucht es ein starkes und kompetentes Team an Menschen, die hinter den Werten des Verbandes stehen und jeden Schritt aus Überzeugung mit begleiten.
Der digitale Wandel betrifft ebenso die soziale Arbeit, wie alle anderen Wirtschaftszweige. Doch braucht es auch hier andere Ausrüstung, um auf Kurs zu bleiben.
Die AWO Fort- und Weiterbildung, das Digitalisierungsteam und der Bereich Personalmanagement haben gemeinsam mit den Kolleg*innen des Verbandes aus Ideen funktionierende Möglichkeiten entwickelt, um Mitarbeiter*innen des Verbandes digital abzuholen und zu unterstützen. So ging das Intranet im vergangenen Jahr ans Netz und eröffnete so neue Möglichkeiten des Austausches und der Information: Begegnungen auf dem Daten-Highway. Was ursprünglich als „Notlösung“ aufgrund von fehlenden Möglichkeiten entwickelt wurde, hat sich in diesem Jahr längst erfolgreich etabliert. Digitale Fort- und Weiterbildungen, Schulungen und Unterweisungen bieten viele Vorteile, die 2021 weiter ausgebaut wurden. Bundesweit sind wir im Austausch mit anderen Verbänden und bringen innovative Ideen voran.
Voran ging es auch beim Thema Inklusion. Im Frühling 2021 gründete sich ein Inklusionsteam, um gemeinsame Ziele schriftlich festzuhalten. Unterschrieben wurde die entstandene Inklusionsvereinbarung im Herbst von allen Beteiligten und der Vorstandsvorsitzenden des Verbandes, Angela Schweers. Diese Vereinbarung bildet nun die Grundlage für die konkreten Maßnahmen, die zum Anfang jeden Jahres gemeinsam abgestimmt und im Laufe des Jahres dann umgesetzt werden.
Um sich im neuen Wegenetz zurecht zu finden, braucht es Lots*innen als Orientierungshilfe. Ausgebildet wurden auch in diesem Jahr die Markenbotschafter*innen und Digitallots*innen, um Wissen und Ideen in den Verband implementieren zu können.
„Vom Ich zum Wir“ lautet der Titel der Begrüßungsveranstaltung für neue Kolleg*innen des Verbandes, welches im Jahr 2021 das erste Mal ausschließlich digital durchgeführt wurde. Das ganze Netzwerk kennen lernen und den Blick über die eigene Einrichtung hinauswagen, Fragen stellen können und die wichtigsten Einrichtungen und Schnittstellen persönlich kennenlernen. Das ist das Ziel der Veranstaltung. Eine Idee, die sich als sehr erfolgreich erwiesen hat und auch 2022 ausgebaut werden wird.
Weiter führt uns der Weg:
Mit dem Kopf voller Ideen und einem Team voller Möglichkeiten blicken wir mutig in das Jahr 2022. In ein Jahr, in dem hoffentlich mehr Brücken gebaut und weniger Gräben für unsere Gesellschaft entstehen, wir bewährte Wege weiterverfolgen und neue Wirkungsfelder erschließen werden. Und die ersten vorsichtigen Schritte lassen schon viel Positives ahnen.
So wird es für unsere Bildungsbegleiter*innen bald kommunale Unterstützung geben. Geplant ist außerdem die Realisierung eines überregionalen Fachtages zum Thema Wohnungsnot und vieles mehr.
Rückenwind bekommen wir hierbei u.a. von Frauke Stürenburg, die als Mitglied des AWO Bezirksverbandes Potsdam 2021 in das Präsidium des AWO Bundesverbandes gewählt wurde. Wie bedanken uns herzlich bei allen Wegbegleiter*innen und Unterstützer*innen und freuen uns darauf, auch im Jahr 2022 gemeinsam neue Wege betreten zu können.