Der aus Landesmitteln geförderte Pakt für Pflege müsse mindestens fortgeführt oder besser noch in eine Verstetigung überführt werden. Darin waren sich die Beteiligten am gestrigen „Fachgespräch im Fischglas“ zur AWO-Forderung „Pflege neu denken“ im AWO Seniorenzentrum Havelpark in Zehdenick einig. „Ohne dieses niedrigschwellige Beratungsangebot im Quartier erreichen wir die Seniorinnen und Senioren – insbesondere auch in den ländlichen Regionen – nicht“, untermauerte Einrichtungsleiterin Liesa Blinde ihr Anliegen bei der Themeneinführung.
Das Interesse am Thema Pflege war groß. Neben den Landtagskandidat*innen Annemarie Wolff (SPD), Jan Maass (FDP), Patrick Telligmann (B‘90/Grüne) und Jerôme Zander (Die Linke) sowie Manfred Rißmann vom Seniorenbeirat Zehdenick nahm sich auch der Präsident des AWO Bundesverbandes, Michael Groß, im Rahmen seiner Sommertour Zeit, mitzudiskutieren.
Die zu einem Sprechraum im Innenkreis, dem „Fishbowl“, und Außenkreisen gestellten Stühlen, schnelle Platzwechsel und zwei Minuten Sprechzeit pro Redebeitrag machen das Fachgespräch dynamisch und zugleich sachbezogen.
„Pflege neu denken“ ist eine von insgesamt neun Forderungen des AWO Bezirksverband Potsdam e.V., die erfüllt sein müssen, um das eine Ziel, eine sozial gerechte Gesellschaft zu erreichen. Unser „Wahlprogramm“ heißt deshalb auch kurz AWO 1plus9.
„Wenn wir hier die bestmögliche Pflege anbieten und dabei die festgelegten Standards und Anforderungen erfüllen, sollten sich Land und Bund stärker an den Investitionen beteiligen“, erklärte die Leiterin des Seniorenzentrums. Und dies auch mit Blick auf ihre Bewohnerinnen und Bewohner, die oftmals Haus und Hof veräußern müssten, um die hohen Eigenanteile bezahlen zu können. Sanierungsaufwand und Vergütung der Auszubildenden würden anteilig auf die Pflegebedürftigen umgelegt. „Überlasst die Steuerung und Planung der Pflege, nicht nur den Pflegekassen“, mahnte André Saborowski vom Vorstand der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt. Besonders das Land Brandenburg müsse sich z.B. durch Bürgschaftsprogramme mehr einbringen. Er erinnerte daran, dass es vor 30 Jahren das IVP, ein Investitionsprogramm von Bund und Land für Pflegeeinrichtungen gab, dass ohne Beteiligung der Bewohnerschaft auskam. „Die Menschen konnten in eine neu gebaute oder sanierte Einrichtung ziehen, ohne einen Pfennig dazu zu zahlen“, so André Saborowski. AWO Bundespräsident Groß schlug eine Pflegevollversicherung vor, die jedem Menschen unabhängig vom Einkommen im Alter ausreichende Pflege gewährleiste.
Mitsprache bei wichtigen Entscheidungen, flexible Dienstplanung und betriebliches Gesundheitsmanagement sind ein paar der Maßnahmen, die Leiterin Blinde anbietet, um ihren Beschäftigten einen attraktiven Arbeitsplatz zu bieten. Die Zahlen sprechen für sich: Im „Havelpark“ gibt es derzeit keine offenen Stellen. Trotzdem wünscht sie sich auch hier mehr Engagement der Politik, um den Pflegeberuf insgesamt attraktiver zu machen. Mit Sorge schaut sie auf die hohe Abbrecherquote in der Ausbildung zur Pflegefachkraft oder die komplizierte Anerkennung ähnlicher oder im Ausland erworbener Berufsabschlüsse. „Hier muss das Land flexibler werden“, sagte Liesa Blinde.