Die freie Wohlfahrtspflege ist Partner der Verwaltung bei der Erfüllung der Aufgaben der Daseinsvorsorge für die Menschen. Geht es um Kitaplätze, Schuldnerberatung, Suchthilfe oder ähnliches, ist es an den Verbänden wie Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, DRK oder dem Paritätischen, die bestmöglichen Lösungen und Angebote zu entwickeln und umzusetzen – und nicht der Staat. Dieses sogenannte Subsidiaritätsprinzip im Sozialwesen existiert seit mehr als 100 Jahren und stammt noch aus der Weimarer Republik. Es ist Teil des Sozialgesetzbuches und grenzt die Aufgaben und Pflichten des Staates ab.
Am gestrigen Donnerstag diskutierten Fachleute und die Kandidat*innen für die Landtagswahlen am 22. September in Brandenburg im AWO Kulturhaus Babelsberg über das Verhältnis zwischen Wohlfahrt und Bund, Land und Kommune. Einen kurzen Input in dieses wichtige Thema gaben die Vorstandsvorsitzende des AWO Bezirksverbandes Potsdam e.V. Angela Schweers und Daniel Zeis, Leiter der Ambulanten Beratungs- und Behandlungsstelle für Suchtkranke und Suchtgefährdete. „Wir sind Partner, nicht Dienstleister“, sagte Schweers. Sie kritisierte, dass soziale Angebote oft für wenige Jahre ausgeschrieben statt direkt und langfristig vergeben würden. Dies bedeute einen häufigen personellen Wechsel bei den Hilfsangeboten. Zudem bekomme häufig der billigste Anbieter den Zuschlag, was zu Lohndumping führt. Außerdem sei es mittlerweile üblich, dass die Verwaltung bei Projekten oder Angeboten vom Träger einen Eigenanteil bei der Finanzierung fordert, was für gemeinnützige Träger nicht lösbar ist. Das müsse aufhören. „Das Subsidiaritätsprinzip ist die Grundlage des Sozialstaates und die Struktur für den föderalen Aufbau unseres Gemeinwesens“, betonte sie.
„Ich bin kein Freund von europaweiten Ausschreibungen“, sagte dazu CDU-Politikerin Tanja Mutschischk. Auch Marie Schäffer (Bündnis 90 / Die Grünen) sah hier Handlungsbedarf für die Politik. An der Diskussion nahmen außerdem Madeleine Floiger (FDP) und Stefan Wollenberg (Die Linke) teil.
Die Gesprächsrunde war die dritte Veranstaltungen im Format „Fishbowl“ zu den Landtagswahlen. Wir orientieren uns dabei an unseren neun Forderungen für unser Ziel einer sozial gerechten Gesellschaft. Das Programm heißt deshalb auch „AWO 1 plus 9“. Das nächste Fachgespräch im Fischglas findet am kommenden Dienstag im AWO Seniorenzentrum Zehdenick statt – zum Thema „Pflege neu denken“