Potsdam: Große Wohnungen für große Familien gefordert
Ein eigenes Zimmer für jedes Kind
Potsdam: Große Wohnungen für große Familien gefordert
Für jedes Kind ein eigenes Zimmer? Ein Standard, der für viele Potsdamer Familien Wunschdenken bleibt. Denn bezahlbarer Wohnraum in Potsdam ist knapp und große Wohnungen mit vielen Räumen sind immer schwieriger zu finden. „Obwohl die Stadtverwaltung sehr bemüht ist“, sagt Birgit Hollmann, Leiterin des AWO Familienhauses, warteten einige ihrer Bewohner*innen Monate. „Im vergangenen Jahr gab es keine Wohnung für niemand“, so die Einrichtungsleiterin.
Seit 1998 finden im Familienhaus der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt wohnungslos gewordene Eltern mit ihren Kindern eine vorläufige Bleibe, in der sie betreut, beraten und begleitet werden, um am Ende wieder eine eigene Wohnung zu beziehen. So die Theorie. In der Praxis scheitert der letzte Schritt oftmals an den Gegebenheiten. Drei-Raum-Wohnungen seien schwierig zu finden, bezahlbare Wohnungen mit vier und mehr Zimmern nicht vorhanden. Habe aber beispielweise eine Alleinerziehende keinen Rückzugsort, führe dies schnell zur Überforderung und weiteren Problemen in einer ohnehin stark belasteten Familie, erläutert die Sozialarbeiterin. „Wir arbeiten zunehmend mit Menschen, die erschöpft sind“, sagt Birgit Hollmann. Laut Statistik gibt es in Potsdam knapp 3000 Mehrpersonenhaushalte mit drei und mehr Kindern, ein Sechstel davon Alleinerziehenden-Haushalte.
Knapp 3000 Haushalte mit drei und mehr Kindern
„Die Stadt Potsdam versucht nun über Gewährleistungswohnungen Wohnraum an wohnungslose Familien zu vermitteln“, erklärt Birgit Hollmann. Das sei gut, aber auch nur eine Zwischenlösung. Der AWO Bezirksverband Potsdam selbst pflege außerdem Kontakt zu größeren Wohnungsanbietern, die ebenfalls manches möglich machten. Tatsächlich aber fehle in der Stadt ein Gesamtüberblick und damit eine solide Grundlage, bemängelt die Sozialarbeiterin. Zwar seien auch für dieses Jahr wieder Fachtage zum Thema Wohnungsnotfallhilfe anberaumt und „Ideen gibt es viele“, so Hollmann.
Mit am Tisch säßen Verwaltung, städtische Wohnungsunternehmen und zwei Wohngenossenschaften, nicht dabei aber sei die Wohnungswirtschaft. Es sei aber wichtig, auch kleinere Vermieter von der Aufnahme von wohnungslosen Familien zu überzeugen und Begleitung auf dem Weg ins neue Zuhause anzubieten. Das habe den zusätzlichen Effekt, dass sich die Wohnungsangebote dann auf das Stadtgebiet verteilten.
Denn bisher führten steigende Mieten zu Verdrängungsmechanismen von Menschen mit begrenzten materiellen Ressourcen aus zentralen Stadtteilen, wie es der Armutsbericht 2022 der Landeshauptstadt Potsdam beschreibt. Und weiter: Diese Verdrängungsprozesse, auch als Gentrifizierung bezeichnet, trügen zur Konzentration von Problemlagen innerhalb eines Sozialraums bei.
Darum fordert die Potsdamer AWO in ihrem 1+9-Programm, das die sozial gerechte Gesellschaft zum Ziel hat, sozialen Wohnungsbau in allen Quartieren sowie die Förderung von Genossenschaften und Generationenhäusern.