Kinderarmut muss endlich beseitigt werden – auch in Potsdam
Genug diskutiert – handeln!
Kinderarmut muss endlich beseitigt werden – auch in Potsdam
Jedes fünfte Kind lebt in Deutschland in einer Familie, die von Armut bedroht ist. Das sind mehr als zwei Millionen Kinder und Jugendliche. In Europa sind es sogar 20 Millionen, wie die internationale Hilfsorganisation Save the Children in dieser Woche mitteilte. Es ist absolut unverständlich, dass trotz jahrelanger Diskussion das Thema weiterhin auf die lange Bank geschoben wird.
Aktuell streiten auf Bundesebene die Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP über die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kindergrundsicherung. Ergebnis offen. Dabei geht es vor allem um die Finanzierung und die Art der Digitalisierung. Ungleichheitsforscher Prof.- Dr. Christoph Butterwegge sieht darin einen Widerspruch: Möglicherweise benachteilige eine Digitalisierung des Antragsverfahrens gerade jene Familien, die am meisten auf die Leistungen angewiesen seien, weil ihnen die nötigen Kenntnisse, ein passendes Gerät und/oder ein WLAN-Anschluss fehlten, wird Butterwegge im „Tagesspiegel“ zitiert. „Man will armen Familien helfen, erschwert ihnen aber den Leistungszugang, wenn sie Grundsicherungsanträge für ihre Kinder bloß noch online stellen können“, kritisierte er.
Strategien und Konzepte gegen die Kinderarmut liegen seit langem vor. Die Potsdamer Arbeiterwohlfahrt unterstützt gerne bei der Umsetzung. Dabei wird sich die Situation in den kommenden Monaten und Jahren durch die anhaltende Inflation und hohe Energiepreise weiter verschlimmern. Belastend sind zudem die psychischen Folgen der Coronapandemie – besonders bei Kindern. „Die Brisanz des Themas müsste eigentlich mittlerweile jedem klar sein. Die Familien werden weiter allein gelassen. Das ist unverantwortlich“, sagte Angela Schweers, Vorstandsvorsitzende des AWO Bezirksverbandes Potsdam e.V. Arme Kinder seien häufiger krank, sie hätten erheblich geringere Bildungschancen und damit schlechtere Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft.
Im aktuellen Potsdamer Armutsbericht für das Jahr 2022 ist unmissverständlich festgehalten, mit welchen Nachteilen Kinder und Jugendliche aus armen Familien aufwachsen:
- Bildung (Seite 184): „Nicht zuletzt die eindeutige Korrelation zwischen Armutsgefährdungsquote und den Bildungsabschlüssen zeigt, dass Bildung ein entscheidender Schlüssel zur Armutsprävention sein kann: Daher ist es wichtig, für gleiche Bildungschancen über alle Bildungsstufen hinweg zu sorgen.“
- Gesundheit (Seite 186): „… wird deutlich, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Haushaltseinkommen und der Bewertung des Gesundheitszustandes gibt. Es ist daher wesentlich, dass auch weiterhin Angebote zur Gesundheitsförderung und –prävention entlang aller Altersgruppen in der Landeshauptstadt Potsdam gefördert und umgesetzt werden.“
- Kinderarmut (Seite 189): „Auffällig ist der Anstieg der Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren im Leistungsbezug (…). Beachtlich ist auch, dass on Besucher*innen der Schuldnerberatungen 46 Prozent in einem Haushalt mit Kindern leben und bei der Tafel 40 % der registrierten Kund*innen Kinder sind.“
Vor allem Tiemo Reimann, Vorsitzender des Potsdamer Jugendhilfeausschusses, setzt sich seit langem für geeignete Maßnahmen ein, um die Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen wieder herzustellen. In diesem Zusammenhang forderte AWO-Vorstandsvorsitzende Schweers, die Themen Bildung und Jugendhilfe künftig in der Stadtpolitik zusammen zu betrachten. „Das sind eigentlich zwei Themen aus einem Bereich. Bildung und Jugend muss künftig in einem Zug genannt werden. Es ist für uns unverständlich, dass die beiden Ausschüsse noch nie zusammen getagt und Lösungen entwickelt haben.“