Dabei wurden große Vorhaben wie das seit Jahren überfällige neue Kitagesetz oder eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels in Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung (HzE) angesprochen – aber auch Ansätze, die die Struktur im Bildungssystem wieder ins Gleichgewicht bringt. „Die Kinder und Jugendlichen sind total gestresst. Die Strukturen stimmen nicht mehr – die inneren und äußeren Strukturen“, sagte die Vorstandsvorsitzende des AWO Bezirksverband Potsdam e.V., Angela Schweers. Eine der Ursachen sei die Corona-Pandemie und ihre Folgen, aber auch die sozialen Medien wie Tiktok oder Instagram. „Die junge Generation hat hier mehr Wissen als Ältere. Da müssen wir eine Antwort finden“. Gerade Einrichtungen wie das Careleaver-Projekt „geben Jugendlichen die Struktur, die sie sonst nicht haben“. Das Care-Leaver-Zentrum (CALZ) – einzigartig im Land Brandenburg – soll Bedingungen für junge Menschen schaffen, die es ihnen ermöglichen, nicht in anderen Hilfesystemen zu „landen“, sondern ihnen die Zeit geben, sich in einem Beziehungskontext zu entwickeln, der Familie nicht ersetzt, aber Strukturen und Halt bietet. Diese und andere Jugendeinrichtungen müssten langfristig finanziert und mit ausreichend Personal ausgestattet sein, so Schweers.
Die Gesprächsrunde war im moderierten Format „Fishbowl“ organisiert. Ein kurzes Input gab Ralf Horn, Referent in der Kinder- und Jugendhilfe und Betriebsleiter Hilfen zur Erziehung (HzE) bei der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt. Daniel Keller, SPD-Fraktionsvorsitzender und Kandidat für die Landtagswahlen am 22. September für einen Wahlkreis in Potsdam, räumte ein, dass der Personalschlüssel in den Betreuten Wohnformen überprüft werden müsse. „Da müssen wir ran“, sagte er. Steeven Bretz (CDU) empfahl, die Forderungen des AWO Programms „1 plus 9“ für eine sozial gerechte Gesellschaft immer wieder in den Koalitionsverhandlungen anzusprechen, damit sie in den Koalitionsvertrag kommen. Der Schwerpunkt liege aber vermutlich bei einem weiteren beitragsfreien Kita-Jahr, sagte er. Marie Schäffer (B`90/Grüne) sprach sich klar für die Einführung einer Bildungskarte für Kinder aus armen Familien aus, wie sie in Hamburg und Schleswig-Holstein bereits existiert.
Die Gesprächsrunde war die fünfte Veranstaltung im Format „Fishbowl“ zu den Landtagswahlen am 22. September. Wir orientieren uns dabei an unseren neun Forderungen für unser Ziel einer sozial gerechten Gesellschaft. Das Programm heißt deshalb auch „AWO 1 plus 9“. Das nächste Fachgespräch im Fischglas findet am Dienstag, 10. September in der Grundschule Fichtenwalde in Beelitz statt – zum Thema „Schulgesundheitsfachkräfte einführen“.