Hier ein kurzer Reisebericht:
Die zunehmende Verschärfung an der EU-Außengrenze für Geflüchtete hat uns alle schon länger beschäftigt. Als wir immer mehr Medienberichte über die dramatische Situation an der Grenze unseres Nachbarlandes Polen lasen, wollten wir uns selbst ein Bild vor Ort machen.
Wir fühlen uns den AWO-Werten verpflichtet und wollen den polnischen Helfer*innen unsere Solidarität und Hilfe übermitteln.
Mit der Unterstützung des AWO Bezirksverbandes recherchierten wir, knüpften Kontakte zu Organisationen der Wohlfahrt und der Menschenrechte und zu Aktivist*innen vor Ort, starteten einen Spenden-Aufruf für Geld- und Sachspenden, packten die Sachspenden in den Bus der AWO-Schatztruhe und fuhren los. Eine Kollegin vom Deutschen Roten Kreuz (DRK), die polnisch spricht, konnten wir für unsere Fahrt auch gewinnen.
Zuerst fuhren wir für 2 Tage nach Warschau, um mit Vertreter*innen von Menschenrechts-Organisationen und mit Anwohner*innen im Sperrgebiet zu sprechen und Spenden für ihre Arbeit zu überreichen. Wir trafen uns in Warschau auch mit der Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung, die uns viel Hintergrundinformation über die politische und gesellschaftliche Lage in Polen berichtete.
Seit August 2021 wird Geflüchteten unter Vorspiegelung falscher Tatsachen von Belarus das Angebot gemacht, nach Minsk zu fliegen und in Polen einen Antrag auf Asyl zu stellen. Die Geflüchteten werden an die polnisch-belarussische Grenze gefahren und dort im Niemandsland, buchstäblich im Urwald ausgesetzt und sich selbst überlassen. Der polnische Grenzschutz hindert die Menschen daran, die Grenze zu übertreten und schickt sie zurück in den Wald. Die belarussischen Grenzschützer lassen sie aber ebenfalls nicht zurück. So ist ein Todesstreifen zwischen beiden Ländern entstanden, in dem die Menschen ohne Wasser, Nahrung oder passender Kleidung umherirren. Insgesamt handelt es sich um 1.000 bis 3.000 Menschen.
In Polen hat sich ein breites Netz von Unterstützer*innen gebildet. Unter dem Netzwerk „Grupa Granica“ haben sich Vereine der Kultur-, Bildungs-, und Sozialarbeit sowie Einzelpersonen zusammengeschlossen, um den Geflüchteten zu helfen. Sie sichern die Versorgung mit Nahrung, Wasser, wärmender Kleidung, Erstversorgung bei Verletzungen und Erfrierungen und der Stellung eines Antrags auf Internationalen Schutz (Asyl). Auch versuchen sie den Kontakt zu Geflüchteten, die aus den polnischen Auffanglagern oft illegal zurück in das belarussische Grenzgebiet zurückgebracht werden, zu halten und die rechtliche Vertretung sicherzustellen.
Die Berichte unserer Gesprächspartner*innen haben uns erschüttert: Sie sind unerträglich und beschämend. Es ist bewundernswert, wie die Mitglieder des Netzwerks Grupa Granica unter hohem persönlichen Einsatz und der Befürchtung von staatlichen Repressalien den Menschen in großer Not helfen.