Entscheidend sind die politischen Schlussfolgerungen
Neue Datenerhebung zu Wohnungslosenstatistik
Entscheidend sind die politischen Schlussfolgerungen
Im vergangenen Jahr ist erstmals eine Statistik zum Thema Wohnungslosigkeit in Deutschland erstellt und im September veröffentlicht worden. Ein wichtiger Erfolg, den unter anderem auch der AWO Bezirksverband Potsdam e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. /BAG W) seit Jahren einfordern. Mit der Statistik gibt es erstmals einen mit Zahlen unterlegten bundesweiten Überblick über die Wohnungsnot. Das ist sehr gut.
Jedes Jahr zum Stichtag 31. Januar sollen nun neue Daten erhoben werden, so auch in diesem Jahr. Allerdings wird für die Statistik bei den Städten und Gemeinden sowie bei den Sozialverbänden lediglich abgefragt, wie viele Menschen sich zu einem Stichtag in speziellen Unterbringungsformen wie Obdachlosenheimen oder Notunterkünften aufhalten. Es wird also das erfasst und zusammengetragen, was bereits an Informationen an verschiedenen Stellen vorliegt.
Die Zahlen müssen noch genauer werden und damit aussagekräftiger sein, um entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung der Wohnungslosigkeit auch umsetzen zu können. So kritisiert die BAG W, dass es immer noch eine deutliche Untererfassung bei der Wohnungslosigkeit gibt. Besonders im Bereich der geflüchteten Menschen, die keine eigene Wohnung besitzen, entsprechen die Daten nicht der tatsächlichen Situation. Nicht in die Erhebung einbezogen sind auch diejenigen, die bei Freunden, Familien oder Bekannten unterkommen sowie obdachlose Menschen, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben. Auch fallen z.B. psychisch kranke Menschen nicht in die Statistik, die über die Eingliederungshilfe in besonderen Wohnformen und –projekten versorgt werden, sonst aber wohnungslos wären. Außerdem erfolgt laut BAG W die Erhebung zu den obdachlosen Menschen an einem Stichtag und nicht als Jahresgesamtzahl, also der im Laufe eines Jahres auf der Straße lebenden Menschen. Die Jahresstatistik für 2022 gibt die Zahl der Wohnungslosen mit rund 178 000 Menschen an. Die aktuellste BAG W-Schätzung aus dem Dezember 2021 für das Jahr 2020 geht von 306 000 Menschen ohne festen Wohnsitz aus.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) will noch in diesem Jahr einen „Nationalen Aktionsplan Wohnungslosigkeit“ erstellen und verabschieden, um Wohnungslosigkeit zu bekämpfen und bis zum Jahr 2030 zu beseitigen. Ohnehin wäre es wichtig, die richtigen Schlussfolgerungen aus den jetzt regelmäßig aktualisierten Statistiken zu ziehen. Ein Beispiel: Im vergangenen Jahr waren rund 59 000 Personen (33 Prozent aller erfassten Wohnungslosen) innerhalb eines gemeinsamen Haushalts als Familie beziehungsweise als Paar mit Kindern in einer Not- oder Gemeinschaftsunterkunft. Rund 23 000 Alleinerziehende inklusive der Kinder mussten zum Stichtag 31. Januar vergangenen Jahres untergebracht werden.
„Kinder, die Wohnungslosigkeit erlebt haben, tragen häufig ihr Leben lang ein Trauma mit sich. Das dürfen wir als Gesellschaft einfach nicht zulassen“, sagte Angela Schweers, Vorstandsvorsitzende des AWO Bezirksverbandes Potsdam e.V. Alleinerziehende und Familien mit Kindern tragen ein wesentlich höheres Armutsrisiko. Im AWO Familienhaus in Potsdam können bis zu 16 Familien untergebracht werden, die wohnungslos geworden bzw. von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Die Familien werden wochentags durch sozialpädagogische Fachkräfte begleitet und unterstützt. Dass der Bedarf für solche Einrichtungen groß ist, zeigt auch die Auslastung. Seit Jahren ist das Familienhaus der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt voll belegt, ebenso wie das Obdachlosenheim und Notunterkunft und die Wohngruppe W13 für jugendliche obdachlose Menschen.
Die in diesem Jahr erhobene Statistik liegt noch nicht vor. Es ist aber zu erwarten, dass die Zahl wohnungsloser Menschen angestiegen ist, unter anderem wegen des Krieges in der Ukraine und den nach Deutschland geflüchteten Menschen.