An den
Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg
Herrn Dr. Dietmar Woidke
Heinrich-Mann-Allee 107
14473 Potsdam
Potsdam, den 01. September 2022
Preisgipfel für Brandenburg einberufen: Offener Brief von Organisationen des Mieter- und Verbraucherschutzes, privater Hauseigentümer:innen sowie von Sozialverbänden
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
wie Sie wissen, sind bereits seit Ende vergangenen Jahres die Bürger:innen auch in Brandenburg erheblichen Preissteigerungen in fast allen Lebensbereichen ausgesetzt. Mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat sich diese Situation nochmals deutlich verschärft. Aktuell ist das besonders bei Energie und Nahrungsmitteln spürbar. Fälle, in denen Verbraucher:innen für den Bezug von Erdgas monatlich – statt bislang 100 Euro – mittlerweile fast 600 Euro Abschlag und damit das Sechsfache zahlen müssen, sind keine Seltenheit. Lag der Preis an der Tankstelle für den Liter Diesel im Juli letzten Jahres noch bei 1,39 Euro, rangiert er im Vergleichsmonat dieses Jahres trotz Tankrabatt bei 1,96 Euro (plus 41 Prozent). Für Brot oder Milch müssen an der Ladentheke im Vergleich zum Vorjahresmonat Juli mittlerweile zwischen 20 bis 30 Prozent mehr gezahlt werden. Bei einzelnen Lebensmitteln fallen die Preissteigerungen sogar noch deutlich höher aus.
Das zusammen können viele Menschen schon heute nicht mehr stemmen: Senior:innen reicht ihre Rente nicht mehr. Energieverbraucher:innen werden die Verträge durch Versorgungsunternehmen aufgekündigt. Mieter:innen droht die Kündigung, wenn sie die rasant gestiegene Nebenkostenabrechnung nicht begleichen oder Besitzer:innen von Eigenheimen geraten mit ihrer Kreditabzahlung in existentielle Nöte. Dabei haben alle Angst davor, dass die Preisspirale kein Ende nimmt und mit Zeitverzug noch zusätzliche Belastungen auf sie zukommen. Leider können wir in unseren täglichen Beratungsgesprächen diese Befürchtungen mittlerweile kaum noch nehmen – in Anbetracht der geopolitischen Lage und weil fossile Energien einfach ein begrenztes und damit teures Gut sind.
Nach Entlastungspaketen auf Bundesebene (bislang u.a. mit Familienbonus, Kindersofortzuschlag, Energiepreispauschale, Einmalaufschlag auf Grundsicherung bzw. mit dem Heizkostenzuschussgesetz oder 9-Euro-Ticket) vermissen wir seit Monaten einen konzertierten Beitrag der öffentlichen Hand in Brandenburg. Denn der Bund kann „die Schneise schlagen“ – auch mit weiteren Entlastungspaketen. Aber die Länder und Kommunen müssen nach den spezifischen Gegebenheiten vor Ort unbedingt flankieren. Die Probleme sind so gewaltig, dass ausnahmslos alle Beteiligten zur Lösung beitragen müssen. Dabei kommt der öffentlichen Hand nicht nur die Rolle zu, Mittel bedarfsgerecht und auch zusätzlich einzusetzen. Sondern das Land ist zudem aufgerufen, in seinen Einrichtungen oder Fuhrparks selbst Energie zu sparen – um mit gutem Beispiel transparent voranzugehen, um mit privaten Haushalten nicht in Preiskonkurrenz zu treten und um die Energiespeicher für die kalte Jahreszeit weiter füllen zu können. Darüber hinaus gilt es, dass die hiesigen Ämter ihren Überwachungsfunktionen gerade auch in den relevanten Branchen konsequent nachkommen. Energieversorger oder Wohnungsgesellschaften im Besitz des Landes bzw. der Kommunen wiederum bieten selbst Leistungen an, die sie in dieser Sondersituation verbraucher-/mieterfreundlich oder eben -unfreundlich ausgestalten können.