90 Teilnehmer*innen auf dem AWO Fachtag zum achtsamen Umgang mit Begrifflichkeiten
Sprache macht Gesellschaft
90 Teilnehmer*innen auf dem AWO Fachtag zum achtsamen Umgang mit Begrifflichkeiten
Herabwürdigende Worte, unbewusste Verletzungen des Gegenübers, Framing … Am heutigen Donnerstag fand der Fachtag „Ohne Worte - Armutssensibler Sprachgebrauch“ statt. Rund 90 Fachkräfte aus der sozialen Arbeit und Beschäftigte der Verwaltung wie beispielsweise der Familienkasse oder aus dem Sozialamt, ehrenamtlich Aktive, sowie Menschen aus Betroffenenverbänden und Armutsnetzwerken kamen im Potsdam Museum zusammen, um über die Folgen der Verwendung bestimmter Begriffe zu diskutieren.
„Sozial schwach, bildungsfern, bildungsarm. Diese Worte sind ausgrenzend. Arme Menschen haben kein Geld. Das ist alles“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt, Angela Schweers zur Begrüßung. „Nur wie sagt man es besser? Das ist das Ziel des Fachtages“. André Saborowski, ebenfalls im Vorstand der AWO Potsdam, fügte hinzu: „Wir haben schon viele Fachtage zum Thema Armut durchgeführt. Es wäre besser, wenn wir solche Fachtage überhaupt nicht bräuchten. Aber es gibt eine strukturelle Armut in Deutschland“.
Im ersten Vortrag beschrieb Petra van Laak, Gründerin der Agentur „Text: van Laak“, an verschiedenen Beispielen wie sogenannte Frames (Rahmen) in der Sprache und in Texten funktionieren und wie man sie erkennt. „Frames wirken! Der Einfluss von Sprache beeinflusst das Sozialverhalten und das Gedächtnis“, sagte van Laak. Dazu gebe es viele Studien, von denen einige kurz vorgestellt wurden.
Anschließend berichtete Undine Zimmer, Buchautorin („Nicht von schlechten Eltern – Meine Hartz IV-Familie“) und Forscherin, über die eigenen Erfahrungen ihrer Kindheit und Jugend. Sie sei in einem armen Haushalt aufgewachsen. „Kinder gewöhnen sich schnell Wünsche ab, weil sie spüren, dass diese nicht erfüllbar sind. Und welche Entscheidungen hätten solche Kinder getroffen, wenn es sich ihre Familien hätten leisten können?“, fragte Zimmer. Sie appellierte daran, sensibel im Umgang mit anderen zu sein. Ernstgemeinte Neugier an den Lebenssituationen anderer Menschen verbunden mit Zeit zum Zuhören verhindern Stigmatisierung und Ausgrenzung.
Nach einer kurzen Pause wurde noch ein zuvor aufgezeichnetes Interview mit Natalie Deissler-Hesse und Alexander Mavroudis vom Landesjugendamt Rheinland gezeigt. Das Landesjugendamt hat bereits vor mehreren Jahren ein Glossar zum Armutssensiblen Sprachgebrauch herausgegeben. Nach der Mittagspause konnten die Teilnehmer*innen des Fachtages ausgiebig in World Cafés diskutieren. Die Ergebnisse werden in den kommenden Wochen dokumentiert. Mit dem AWO Bezirksverband Potsdam soll das Glossar erweitert werden.
Wir bedanken uns herzlich bei den Referentinnen für die sehr interessanten Beiträge und Impulse.