Lücken im Ausbildungs-System machen es Auszubildenden zunehmend schwerer
Zur Arbeit gehört die Wohnung
Lücken im Ausbildungs-System machen es Auszubildenden zunehmend schwerer
Zum Arbeitsplatz gehört auch die Möglichkeit, eine eigene Wohnung zu finden. Der mehr als angespannte Wohnungsmarkt macht es aber so gut wie unmöglich, in die Region zu ziehen und eine neue Arbeit aufzunehmen. Besonders für kleine Geldbeutel ist der Wohnungsmarkt seit Jahren leergefegt.
Große Schwierigkeiten haben deshalb Auszubildende. Entweder können sie noch bei den Eltern wohnen oder sie haben sehr viel Glück und finden Unterstützung, etwa durch den Arbeitgeber. Auch die hohe Inflation und die steigenden Preise für Energie oder Lebensmittel belasten die Auszubildenden. „Die Situation unserer Auszubildenden ist schon sehr schwierig“, sagte Jana Lüder, Ausbilderin des AWO Bezirksverband Potsdam e.V. „Eine Auszubildende wollte vor kurzem einen Kuchen zu ihrem Geburtstag mitbringen. Sie ließ es dann aber, nachdem sie die hohen Preise für die Zutaten sah“, so Lüder. Das habe sie sehr nachdenklich gemacht.
Zwar gibt es für Auszubildende verschiedenste Möglichkeiten, Unterstützung zu beantragen – die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB), Leistungen aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög), Wohngeld, Kindergeld oder ein günstiger Kredit für Azubis etwa. Die Fördermöglichkeiten sind aber sehr bürokratisch und undurchsichtig. Außerdem gibt es Lücken im System. Da ist zum einen die Berufsausbildungsbeihilfe, über die bei der Bundesagentur für Arbeit bis zu 723 Euro monatlich sowie Fahrtkosten beantragt werden können. Die Höhe der Beihilfe ist aber abhängig vom Verdienst der Eltern oder des Partners. Die laufenden Kosten der Eltern spielen bei der Berechnung keine Rolle. „Doch was ist, wenn die Eltern nicht greifbar sind und keine Auskunft geben können oder wollen? Dann ist eine Förderung fast unmöglich“ sagt Lüder. So erging es einem Kollegen, der eine Lehre zum Kaufmann für Büromanagement bei der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt begonnen hatte. Er war Jahre zuvor aus Somalia nach Deutschland geflüchtet, ohne seine Mutter oder andere nahe Verwandte. Diese waren aber nicht erreichbar. BAB oder das Kindergeld bekam er nicht ausgezahlt „Wir unterstützten ihn, wo es nur ging. Mit einer zeitlich befristeten Bürgschaft konnten wir ihm schließlich eine Wohnung beschaffen. Er musste dann nachweisen, dass eine Suche über das Deutsche Rote Kreuz (DRK) nach der Mutter erfolglos war, dann erhielt er die Ausbildungsbeihilfe doch noch“.
Hilfreich und dringend nötig wären daher mehr Wohnheime für junge Menschen in der Lehre. Allerdings werden bestehende Wohnheime seit Jahren häufig eher abgebaut als neue errichtet.
Um den zukünftigen Mitarbeiter*innen die Zeit der Ausbildung nicht unnötig zu erschweren, muss überlegt werden, wie diese Entwicklung gestoppt werden kann.
Noch komplizierter ist die Situation für Auszubildende an Fachschulen wie beispielsweise der AWO Fachschule für Sozialwesen in der Röhrenstraße. Dort werden vor allem Erzieher*innen auf ihren späteren Beruf vorbereitet – ein Beruf, in dem es seit Jahren bekanntlich nicht genug Arbeitskräfte gibt. Dennoch müssen die Auszubildenden bei den Fachschulen eine Gebühr bezahlen, ein Lehrgeld gibt es nicht, auch das BAB kann nicht beantragt werden. Um die Ausbildung finanzieren zu können, müssen in den meisten Fällen also die Eltern oder der Partner einspringen. „Das muss dringend geändert werden. Für die Kosten der Ausbildung muss der Staat aufkommen“, sagt Ausbilderin Jana Lüder.
Die Bundesregierung hat angekündigt, eine Ausbildungsgarantie umzusetzen. Diese Garantie muss allerdings auch die gestiegenen Lebenshaltungskosten in den Blick nehmen. So sollte das Bafög angeglichen und die verschiedenen Fördermöglichkeiten zusammengeführt und Lücken geschlossen werden. Schließlich könnten Ausbildungsplätze und eine inklusive Berufsausbildung beispielsweise durch Träger der Wohlfahrtspflege in Kooperation mit Betrieben und durch kommunale Angebote der Jugendhilfe geschaffen werden.
Auf unserer Webseite
haben wir wichtige und hilfreiche Hinweise zusammengetragen, unter anderem auch zu den Fördermöglichkeiten für Auszubildende. Sie wird regelmäßig aktualisiert und erweitert.